Ab wann muss ich ein Gewerbe anmelden?
- Manuela Voll - Dein Handmadecoach

- 29. Juli
- 4 Min. Lesezeit
Diese Fragen und weitere wichtige Fragen kläre ich heute für Dich, wenn Du Deine Handarbeit verkaufen willst.
Du liebst es zu basteln, zu nähen oder Schmuck herzustellen – und plötzlich fragen Freundinnen, andere Mütter aus dem Kindergarten oder die Arbeitskollegin: „Machst du das eigentlich auch auf Bestellung?“ Zack – die erste Überweisung ist da. Vielleicht fragst Du Dich: Ab wann muss ich ein Gewerbe anmelden oder wie viel darf ich denn ohne verkaufen?
Oder Du bist einfach gerne kreativ und denkst Dir - ich würde schon gerne verkaufen, aber lohnt sich das und was muss ich da alles beachten? Und kann ich das nicht erstmal ausprobieren, bevor ich mir den ganzen Stress mit den Ämtern gebe? - Auch diese Frage klären wir hier.
1.) Kann ich meine handgefertigten Produkte auch ohne Gewerbe verkaufen?
Zuerst klären, wir mal die Einsortierungen, also wie Du unterscheiden kannst, ob Du noch als Hobby verkaufst oder schon gewerblich handelst.
Hobby: Keine Gewinnerzielungsabsicht, keine regelmäßige Verkaufstätigkeit, keine gleichartigen Waren.
--> z.B. Nähst Du aus Stoffresten ein kleines Babyset, ein Kissen und eine Babyhose. Du verkaufst dies nur mit Materialpreis und innerhalb von 3 Monaten.
Gewerbe: Regelmäßige Verkäufe (mit Gewinnerzielungsabsicht), ähnliche oder gleichartige Waren.
--> z.B. Nähst Du regelmäßig aus Stoffresten mehrere Babysets, mehrere Kissen und mehrere Babyhosen. Diese verkaufst Du regelmäßig und annähernd dauerhaft, also Du hast fast immer Produkte Online. Vielleicht verkaufst Du auch zum Materialpreis und schlägst ggf. noch was drauf fürs nähen.
Das zweite Beispiel ist keine Und-Variante. Also wenn nur eines davon zutrifft handelst Du schon gewerblich. Zudem stellst Du etwas extra her um es zu verkaufen. Und ich will Dir keine Angst machen, dennoch gibt es hier schon klare Gerichts-Urteile wie diese hier: So entschied zum Beispiel ein Gericht, dass eine Mutter als Unternehmerin gilt, weil sie innerhalb eines Monats rund 80 Kleidungsstücke ihrer Kinder auf einer Plattform verkauft hat. Es gibt auch ein weiteres Urteil, bei dem von 25 Verkäufen innerhalb von zwei Monaten eine gewerbliche Tätigkeit angesehen wurde. Also auch ein Flohmarkt Verkäufer, welcher öfters am Wochenende Artikel verkauft ist somit schon gewerblich tätig.
Wie Du siehst, ist es für diesen Schritt noch egal, ob Du damit viel verdienst oder nicht. Es geht hierbei in erster Linie auch nicht um die Gewinnerzielungsabsicht dahinter, sondern eher um die Häufigkeit/Regelmäßigkeit, die Gleichartigkeit oder starke Ähnlichkeit der Produkte und das explizite Herstellen eines Produkts. Eine Gewinnerzielungsabsicht wird dadurch oftmals vorausgesetzt.
Fazit: Da die Grenzen der Gesetzgebung ziemlich knapp gesehen werden, hast Du kaum Möglichkeit einfach mal zu testen wie das so läuft und wie viel Du ohne Gewerbe verkaufen kannst. Ohne Gewerbe zu verkaufen geht also nicht.
2.) Was passiert, wenn ich meine handgefertigten Produkte ohne Gewerbe verkaufe?
Jetzt sagst Du vielleicht: "aber es gibt zig Portale, in denen offensichtlich gewerbliche Artikel von Privatpersonen verkauft werden.." . Und ja, ich kenne dieses Thema auch. Vor allem im Bereich der genähten Kinderkleidung ist das äußerst auffällig. Nicht nur in den Nutzungsbedingungen der Portale ist das so meist nicht erlaubt (wobei das sicherlich noch das kleinere Übel ist), denn rechtlich gesprochen, ist das Steuerhinterziehung und somit eine Straftat die richtig Ärger mit sich bringen kann. Bei Shopsystemen wie Etsy & Co. kannst Du ohne Gewerbe ohnehin keinen Verkäufer-Account eröffnen.
Natürlich gibt es den Spruch "wo kein Kläger, da kein Richter" dennoch - man wird nicht von einem Richter angekreidet, sondern eher von gewerblichen Verkäuferinnen, die das unfair finden, dass ohne Gewerbeschein verkauft wird. Meist geht es darum, dass Privat-Verkäufer ihre Produkte viel günstiger anbieten können, da sie nicht die Vorgaben der gewerblichen Verkäufer einhalten müssen. Hier ist man also schnell im Visier derer, die genau hinschauen.
Fazit: Das ist Steuerhinterziehung und kann unangenehm werden.
3.) Worauf muss ich achten, wenn ich ein Gewerbe anmelden möchte?
Zunächst einmal musst Du Dir im Vorfeld überlegen, ob Du ein Umsatzsteuerfreies Kleinunternehmen haben möchtest (also das was oft als Kleingewerbe betitelt wird, was es so gar nicht gibt) oder ein Umsatzsteuerpflichtiges Kleinunternehmen, bei dem Du 19% Mehrwertsteuer an Deine Kunden berechnest.
(Spoiler: Ein Umsatzsteuerfreies Kleinunternehmen ist nicht im klassischen Sinne Steuerfrei!)
In der Grafik siehst Du, dass Dein Kleinunternehmen mit in die Einkommenssteuer fließt und Du daher nicht steuerfrei bist. Lediglich die Umsatzsteuer/Gewerbesteuer wird nicht berechnet.

Bevor Du Dich entscheidest, lege ich Dir noch meinen Blogartikel: Kleingewerbe Steuerfrei? Diese Mythen solltest Du als Handmade Kleinunternehmer kennen! ans Herz, der Dir nochmal aus steuerrechtlicher Sicht erklärt, ob das Sinn macht für Dich.
Auch mein Video kann Dir nach dieser Entscheidung nochmal Hilfestellung geben in Sachen BG, IHK oder HWK und auch beim Thema Lizenzen.
Wenn Du noch da bist und Dein Handmade Business testen willst: Lass Dich jetzt von Punkt Nummer 3 nicht erschlagen. Viele Themen wie Gewerbeanmeldung, BG, IHK/HWK usw. machst Du einmalig. Und es ist bei weitem nicht so viel und so schlimm wie anfangs befürchtet.
Du musst kein Profi sein, um zu starten – aber ein bisschen rechtlicher Rahmen sorgt für Sicherheit und Professionalität. Du willst ja, dass Dein Business wächst – also gib ihm auch die richtige Grundlage.
4.) Ab wann muss ich also ein Gewerbe anmelden?
Fazit:
Spätestens dann, wenn Du mit einem ruhigen Gewissen produzieren und verkaufen willst, um den Markt für Deine Produkte zu testen. So kannst Du rechtlich abgesicherter starten.




Sehr gut erklärt !